Stunde Null

Möchte man sich weiter in die Tasche lügen, kann man sich auch jetzt beständig weiter selbst in der Illusion wiegen, dass man bloss von irgendwelchen unfähigen Nieten regiert würde.

Meine Vermutung ist mittlerweilen, dass genau darin das Kalkül besteht, indem die heute Verantwortlichen nach dem bösen Erwachen sich selbst glaubwürdig aus der Verantwortung stehlen können. Immerhin hat dies mit vorhergegangenen Krisen oder deren Simulation wie etwa Covid bereits ausgezeichnet funktioniert.

Zwar gilt für den gewöhnlichen Pöbel immer die juristische Maxime, dass Unwissenheit nicht vor Strafe schütze; aber seit wann wäre die erlauchte Politkaste ähnlich für die eigene Inkompetenz haftbar wie dies für den normalen Bürger gilt?

Die Dreistigkeit seitens unserer Staatenlenker, die Schweizer Polit-‚Fachkräfte‘ vom Dienst dabei explizit mit eingeschlossen, hat bekanntlich Ausmasse erreicht, wo die Ermangelung an Kinderstube so ausgeprägt ist, dass selbst bei grösstmöglichem Verschiss der einem übertragenen Aufgaben niemandem mehr soviel Anstand angediehen zu sein scheint, den Hut zu nehmen, wenn sich jeder andere mit Rückgrat und einem Funken Selbstachtung längst in Grund und Boden schämen würde.

Zugestehen muss man denjenigen wenigstens, dass Rhetorik und Geisteshaltung perfekt übereinstimmen, während natürlich auch hier zwischen Realität und ebenjener Geisteshaltung schallend laute kognitive Dissonanz herrscht – was in der beharrlich eingeübten Verleugung aller Fakten freilich längst niemanden mehr stört.

Insofern ist auch die jüngste Entwicklung hin zum 3. Weltkrieg nur folgerichtig und beileibe kein Versehen, in welches man so unmerklich oder ungewollt hineingerutscht wäre. Das Märchen des unbeabsichtigt in einen Krieg Stolpern hat sich zumindest für den 1. Weltkrieg bis heute glaubhaft verkauft, die Neuauflage dieser Geschichtsklitterung findet gerade in diesen Tagen und Stunden vor unser aller Augen statt.

Die Entscheidung seitens des Wertewestens, nun den Krieg auf auf russisches Gebiet zu tragen, erfolgt mit voller Absicht, in der irrigen und grössenwahnsinnigen Annahme, der angeblich so irre Putin werde auch weiterhin irre genug sein, sich vor aller Welt auf diese Weise vorführen zu lassen.

So kann es nicht erstaunen, dass es die Qualitätsmedien, ohne jegliche Anzeichen von Zweifeln, schaffen, innerhalb eines einzelnen Artikels zum Ukraine-Konflikt zu behaupten, dass Putin unweigerlich übermorgen vor Berline stünde, böte man ihm nicht Paroli, gefolgt vom Widerspruch der gerade getätigten Aussage zwei Sätze später, dass Russland einem konventionell geführten Krieg mit der NATO nicht standhielte. Die logische Konsequenz dieses Umstandes, nämlich die Aktivierung der russischen Nukleardoktrin erwähnt man dabei verständlicherweise nicht.

Dass Putin weder vor den Toren Kiews, geschweige denn vor deren Berlins steht, ist dabei ebenso Tatsache wie der Umstand, dass ein Beschuss russischer Gebiete mit westlichen Waffen, welche nur von westlichem Militärpersonal bedient werden können, wenigstens de facto und möglicherweise auch de jure ein Angriff der NATO auf Russland darstellt – mit allen daraus folgenden Konsequenzen.

Wie der Westen von Beginn seines Agierens in der Ukraine im Rahmen des Maidan-Putsches an bereits der Fehleinschätzung aufsass, er könne unbemerkt und vorallem folgenlos seine Einflusssphäre erweitern, so geht er nun von der ebenso falsche Annahme aus, dass, nachdem 2,5 Jahre lang aggressive Reaktionen auf die steten Provokationen ausblieben, dies selbstverständlich auch bei einem konkreten Angriff mit NATO-Waffen durch NATO-Personal so bliebe.

Nebst der selbstertarnenden Motivation hinter diesem Agieren, zeigt sich dabei gleich ein weiteres Mal, wie die Märchen über den Irren Putin nicht mit der Realität übereinstimmen, ausser man ginge eben davon aus, dass sich ein Irrer über so lange Zeit vor aller Welt folgenlos vorführen und provozieren liesse. Man möge mir einen derart veranlagten ‚Irren‘ im Westen zeigen, der sich ein solches Verhalten seitens Russlands oder Chinas auch nur einen einzigen Tag lang bieten liesse.

Ohnehin vergeht sich der Westen gerade an einem Sakrileg nach dem anderen. Im Stundentakt fällt seit einigen Tagen Tabu um Tabu. Selbst in den Hochzeiten des Kalten Krieges wäre es keinem Machtblock in den Sinn gekommen, die Frühwarnsysteme der nuklearen Abwehr des Gegners anzugreifen. Heute geschieht ebendies, und das dazu ohne jeglichen medialen Aufschrei. Gegen den bösen Putin heiligt der Zweck jedes Mittel, selbst wenn dies mit der nuklearen Auslöschung Europas oder der gesamten Welt einherginge.

Genau der Umstand, dass der Aufschrei, sowohl seitens der Medien wie auch der ach so viel beschworenen ‚Zivilgesellschaft‘ ausbleibt, zeigt auf, wie gefährlich die Situation in Wirklichkeit schon geworden ist. Die Grossmannsucht hat den Blick auf die Realität so vernebelt, dass man tatsächlich glaubt, es liege in der Verantwortung des Westens zu entscheiden, was die Russen als Provokation auffassen dürfen und was nicht.

Man erinnere sich daran, wie die Unterstützung der Ukraine einst mit Defensivgütern wie Helmen und Sanitätsmaterial begonnen hat und vergegenwärtige sich dann, wie diese ‚Unterstützung‘ heute aussieht.

Dass diese Entwicklung am schärfsten und vehementesten gerade von der selbsternannten europäischen und schweizerischen Linken um Grüne und Sozen so befördert wird, zeugt von der ganzen moralischen Verkommenheit dieser Classe politique. Im eigenen Land opfern sie den letzten Rest Wohlstand, höhlen Sozialstaat und Bildungswesen aus, lassen ein anderes Volk sinnlos ausbluten und stellen sich rotzfrech vor jede Kamera um zu behaupten, sie täten dies im Interesse unserer ureigener demokratischen Werte und im Kampf mit Symbolwert gegen Autokraten in aller Welt.

Man möge sich nicht täuschen: der Opferwillen dieser verkommenen Eliten wird nicht beim wirtschaftlichen Ruin enden, sie geht gerade ‚all in‘. Die Phrasen von Kriegstüchtigkeit, Mobilisierung der Reserven und das Öffnen des Geldhahns zugunsten der Rüstungsindustrie ist der unzweifelhafte Beleg dafür, dass für diejenigen, die ihre Kinder vor diesen Wahnsinnigen noch schützen wollen, die Zeit gekommen ist, die Koffer zu packen.

Für alle anderen bleibt nicht mehr als bei jedem neuerlichen Abschied seine Lieben inniger zu umarmen als zuvor, es könnte das letzte Mal sein. Die Stunde Null wird kommen.